Die berühmte Nürnberger Gießhütte wurde jetzt (1858) von Christoph Ph. Albr. Lenz und seinem Halbbruder Georg Heroldt, weitergeführt


Christoph Ph. Albr. Lenz



Christoph Lenz wurde 1829, also im Jahre der Gründung der Werkstätte Burgschmiets, geboren und entstammte seinerseits ebenfalls einer Gießerfamilie. Sein Handwerk erlernte er bei dem Erzgießer Stadelmann, dann kam er zu Burgschmiet, wo er dessen Schüler - und Schwiegersohn wurde. Er heiratete nämlich Burgschmiets Tochter Dorothea.



Von Georg Heroldt, dem Stiefsohn Burgschmiets, vermuten wir, daß er ein Nachfahre der weitverzweigten Erzgießerdynastie der Herold war. Sicher war er aber ein ausgezeichneter Fachmann und begabter Schüler seines Stiefvaters. So fiel es den beiden Halbbrüdern Lenz und Heroldt nicht schwer, das Radetzky-Denkmal fertig zustellen. Als es am 14. November 1858 in Prag feierlich enthüllt wurde, „lobte der Kaiser selbst die sorgfältige Ausführung und heftete dem jungen Erzgießer eigenhändig den Franz-Joseph-Orden 1. Klasse an die Brust”, wie es in einer Chronik heißt. Die neue Firma Gebrüder Lenz-Herold bekam nun von allen Seiten schöne und ehrenvolle Aufträge, Denkmäler für Dresden, Coburg, Gera, ja sogar für Sidney in Australien. Schließlich führten sie eine überdimensionierte Ringergruppe von Professor Molin für Stockholm so gut aus, daß große Anschlußaufträge folgten: eine Statue König Karl XII, eine große Fontaine, eine Silberarbeit u. a., alles für Schweden. Es lag deshalb nahe, einen Filialbetrieb in Stockholm zu errichten, der vom Teilhaber Georg Heroldt geleitet wurde.



Prof. Molin: Ringergruppe, Stockholm



Drei Jahre hatte er bereits dort gearbeitet, er war mit dem Formen und Gießen der großen Fontaine beschäftigt, als ihm das Unglück zustieß, von einem Formstück des Mittelteils erdrückt zu werden. Das geschah im Herbst des Kriegsjahres 1871.

Die Stockholmer Filiale war verwaist, man schloß sie und führte alle schwedischen Aufträge in Nürnberg zu Ende. Die große Fontaine für Stockholm wurde im August 1872 aufgestellt, und wieder gab es einen höchsten königlichen Orden, den Wasa-Orden 1. Klasse.



Inzwischen hatte Christoph Lenz auf Vorschlag des Direktors der neuen Nürnberger Kunstgewerbeschule, Kreling, den Titel eines kgl. Professors verliehen bekommen, eine wohlverdiente Ehrung.


Martin Behaim - Denkmal

Hans Sachs - Denkmal

Nürnberger Kriegerdenkmal



Die folgenden Aufträge waren das, von Prof. Rössner modellierte, Nürnberger Hans-Sachs-Denkmal (1871) und, ebenfalls von Rössner, der Guß des Martin-Behaim-Denkmals. In dieser Nachkriegszeit kam auch eine Flut von Aufträgen für Kriegerdenkmale aus Hamburg, Augsburg, Darmstadt, Nürnberg und anderen Städten.

Eine besondere Leistung war dann der Guß der dreifach lebensgroßen Figuren „Krieg” und „Frieden” am Niederwald-Denkmal: Allein das Schwert des „Krieges”, heute noch an der Gießereiwand aufgezeichnet zu sehen, hat eine Gesamtlänge von 3,6 Meter!

Nach einer Fritz-Reuter-Statue für Chicago übergab Professor Lenz die Erzgießerei seinem Sohn Ernst, lebte noch 21 Jahre im verdienten Ruhestand, bis er, 86-jährig, am 14.12.1915 verstarb.



Ernst Lenz

Ernst Lenz übernahm also im Jahre 1896, als 40 jähriger, das „Etablissement für Erz- und Bildgießerei” und hatte in den 10 Jahren, die ihm noch vergönnt waren, keineswegs über Auftragsmangel zu klagen.

Mit seinen 14 Mitarbeitern schuf er viele großartige Kunstwerke, wie das Peter-Henlein-Denkmal und das prächtige Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. auf dem Egidienberg. Von Ernst Lenz stammt auch der Geiersbrunnen u. a.

Der Naturalismus stand damals in voller Blüte, und schon der Vater, Professor Chr. Lenz, wies immer wieder voll Stolz darauf hin, daß seine Gießtechnik „beliebige naturrealistische Modellierungen zur genauesten Wiedergabe bringen” würde. Das war wohl das eigentliche Geheimnis des großen Erfolges der Lenz'schen Gießhütte, daß die von den Künstlern und Modelleuren vorgesehene Oberflächenstruktur unverändert im Guß erschien und daß eine Nachziselierung, die zwangsläufig verfremden mußte, meist nicht mehr notwendig war.


Peter Henlein - Brunnen

Kaiser Wilhelm I. - Standbild


 

Das umfangreichste und bedeutendste Werk des Erzgießers Ernst Lenz war der Nachguß des großen Neptunbrunnens. Die Nürnberger konnten es nicht verwinden, daß das barocke Meisterwerk ihres Landsmannes Schweigger im Jahre 1797 nach Rußland verkauft wurde. Viele bemühten sich deshalb, die hohen Kosten für einen Neuguß durch Spendensammlungen aufzubringen, es reichte aber nur für die Abgüsse vom Original in Petersburg. Sie kamen Ende 1896 in 24 Kisten verpackt in Nürnberg an. Nach fast 5 Jahren der Ausweglosigkeit, erklärten sich am 21.5.1901 Kommerzienrat Ludwig Gerngroß und seine Frau Julie bereit, alle noch anfallenden Kosten zu übernehmen, sofern der Brunnen, wie ursprünglich geplant, auf dem Hauptmarkt errichtet werden würde. Nun ging alles weitere rasch vonstatten; der Guß, der Aufbau der Steinfundamente und der Röhrenwerke - und bereits nach 17 Monaten, am 22. Oktober 1902, konnte das Monument des Friedensschlusses feierlich enthüllt werden. Rund 80000 Mark kostete der Brunnen, seine Irrfahrt, die damit noch nicht beendet sein sollte, hatte 250 Jahre gedauert. Kommerzienrat Gerngroß wurde Ehrenbürger der Stadt.


Neptunbrunnen im Nürnberger Stadtpark


Christoph Lenz


Christoph Lenz geb. am 5. Dezember 1884, war gerade 22 Jahre alt geworden, als er nach dem Tod des Vaters im Jahre1906 die Gießerei übernehmen mußte. Ein langes, arbeitsreiches und wechselvolles Lebensschicksal stand ihm bevor. Zunächst ging alles glänzend weiter bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges. Schöne Plastiken waren gefragt, wie die Minnesängerstatue, die heute in der Rosenau steht oder die eindrucksvollen Tierfiguren zu beiden Seiten des Tiergarteneinganges. Der Platz würde nicht ausreichen, um all die meisterlichen Bronzen aufzuzählen, die in den Jahren vor dem Krieg in der Werkstätte des Christoph Lenz geschaffen wurden. Zunächst waren alle noch im naturalistischen Stil gehalten, dann aber, nach den beiden Weltkriegen mit dem nachfolgenden künstlerischen Geschmackswandel, zeigte sich, daß der Bronzeguß wie kaum ein anderes Material imstande sein kann, Wirkungen der bildhauerischen Kunst zu verdeutlichen. Auch die Oberflächenstruktur ist ein Gestaltungsmittel.



Fast 70 Jahre arbeitete Christoph Lenz in seiner Gießerei. Zwei Weltkriege hatte er zu überstehen; im ersten war er Soldat im 7. Landsturm-Infanterie-Regt.. gewesen, doch im zweiten Weltkrieg kam es schlimmer: Das Betriebsgebäude wurde stark beschädigt und Aufträge gab es praktisch überhaupt nicht.

Nach 1933, in der Zeit, die besonders dem Erzguß zugetan schien, hatte man bei der Vergabe der zahlreichen Embleme, die nun allenthalben angebracht wurden, ihn glatt übergangen.

Zuvor, zwischen den Kriegen, sind neben vielen kleineren, einige besonders herausragende Aufträge zu würdigen: eine Fackelträger-Statue für Stockholm und die von Prof. Kittler entworfenen Monumente „Trauernde Noris” und der Christus auf dem Südfriedhof.

"Trauernde Noris", Westfriedhof


Christoph Lenz wurde fast 91 Jahre alt. Rüstig wie er war, beschäftigte er sich noch in den letzten Lebensjahren mit Zeichnungen; ja, er legte sogar die Brille ab und las seine Zeitung wieder mit unbewaffnetem Auge.

Am 11. Mai 1975 verstarb dieser Mann, dem es nicht vergönnt war, seine großen Fähigkeiten in einer politisch wie wirtschaftlich ruhigeren Zeit voll zum Einsatz bringen zu können.


Vertriebenen-Mahnmal im Neutor

Burgschmiet-Brunnen

Minnesängerbrunnen

in der Rosenau


Heinrich Lenz



Heinrich Lenz der Sohn, geboren am 14. Okt. 1910, studierte Ingenieur und übernahm die Leitung der Gießerei, als der Vater 65 Jahre alt geworden war.